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Sei nicht nett – sei echt! - Der Nutzen von emotionaler Kompetenz in der Arbeitswelt

Kerstin König • März 03, 2023

Der Nutzen von emotionaler Kompetenz am Arbeitsplatz

"Gefühle haben am Arbeitsplatz nix zu suchen!" 

Cool sein (= die Abwesenheit von Gefühlen) ist besser als authentisch zu sein. Und nett kommt man auch ganz gut durchs Leben. Auf keinen Fall aber kann ich mich im Job zeigen, wie ich wirklich bin und erst recht geht es niemanden was an, wie es mir geht. So oder ähnlich höre ich das oft von Seminarteilnehmern. 


Business ist nichts anderes als ein Knäuel aus Beziehungen


Ich stimme voll und ganz zu, dass es überhaupt nicht hilfreich ist, sich in einer als bedrohlich empfundenen Umgebung, verletzlich zu machen. Es ist genau so wenig hilfreich in Tränen oder wütendes Gebrüll auszubrechen. 

Aber: Business ist aus meiner Sicht nichts anderes als ein Knäuel an Beziehungen: zu Kollegen, Vorgesetzten, Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten... und das ganz ohne Gefühle? Echt jetzt?


Wer über seine Gefühle hinweg geht, wird darüber stolpern


Ich muss meine Gefühle nicht jedem aufs Brot schmieren, sie aber dauerhaft zu ignorieren oder unterdrücken macht krank. Dann sagt der Körper nein zu etwas, was der Verstand vielleicht noch nicht mal wahrgenommen hat. 


Das Stress krank macht, hat sich inzwischen rum gesprochen. Die bedeutendsten Stressoren des Menschen sind emotionaler Natur und weisen auf das Fehlen oder den drohenden Verlust von etwas hin, das unser Körper als überlebensnotwendig empfindet. 

Hunger weist darauf hin, dass Nahrung fehlt, das ist eindeutig. Was ist mit ständiger Gereiztheit oder Müdigkeit trotz ausreichend Schlaf? Irgendwie so oft „grundlos“ traurig...?


Gefühle als Warnlämpchen


Oft ist es gar nicht so leicht, herauszufinden, was es ist, das wir grade brauchen. Und dafür zu sorgen, dass wir das auch kriegen. Die gute Nachricht: 

Wir können lernen, Gefühle als Warnsignale zu nutzen, die uns auf unsere Bedürfnislage hinweisen. Unangenehmes Gefühl – was Wichtiges fehlt, angenehmes Gefühl – Bedürfnistank gut gefüllt. 


Erfahrungen aus einer früheren Zeit in unserem Leben haben vielleicht dazu geführt, dass wir uns bestimmte Gefühle gar nicht mehr erlauben. Wütend sein z. B. oder erschöpft oder traurig. „Sei nicht so empfindlich!“ wurde uns als Kind vielleicht gesagt oder „Sei nicht so wild... albern... wütend...“ Auch das erlebe ich immer wieder in meinen Seminaren „Mir fällt kein Gefühl ein.“ oder "Ich habe gar kein Bedürfnis". Im Denken und schnell Lösungen finden sind wir hingegen gut trainiert, beim Fühlen wird es schwierig. 

Das ist übrigens sehr nützlich für die Arbeitgeber, bei denen es immer noch als schick gilt, gestresst zu sein und immer für Chef oder Kunden erreichbar zu sein.


„Igittigittigitt“ hat neulich ein Interessent am Telefon zum Thema Gefühl gesagt. Vorher hat er mir erzählt, dass er die Gewaltfreie Kommunikation voll verinnerlicht hat, weil er alle Bücher dazu gelesen hat. Hm. Er kam nicht zum Seminar, er wusste ja schon alles.   


Emotionale Kompetenz als Schlüssel zu Resilienz


Aus meiner Sicht ist emotionale Kompetenz der Schlüssel zu Resilienz und physischer wie psychischer Gesundheit - nicht nur in der Arbeitswelt. 


Ich verstehe darunter die Fähigkeit 

 

  • in der Lage sein, meine Emotionen wahrzunehmen, zu erkennen und ihnen konstruktiv Ausdruck zu verleihen
  • bemerken, was mir Stress macht 
  • die Fähigkeit meine Emotionen zu regulieren und handlungsfähig zu bleiben 
  • innere Grenzen erkennen und nach Außen klar machen 
  • emotionale Trigger aus der Vergangenheit von reellen, gegenwärtigen Bedrohungen unterscheiden können 
  • Konfliktfähigkeit 
  • die eigenen Bedürfnisse ernst nehmen und für deren Befriedigung sorgen, statt sie zu unterdrücken 
  • emotional aufgeladene und unbequeme Gespräche kompetent zu führen

 

Und dann war da noch der Kollege, dem keiner sich traut was zu sagen, weil er dann wieder ausrastet - keine Gefühle am Arbeitsplatz? 


Übrigens: 

 

  • das Zeigen von Gefühlen stärkt den Zusammenhalt unter Kolleg*innen und fördert die Produktivität 
  • Gefühle zu unterdrücken verbraucht immens viel Energie - die kann man sinnvoller nutzen 
  • Begeisterung, Freude, Glück – auch das sind Gefühle und Ausdruck von Lebendigkeit
  • Empathiefähigkeit ist hilfreich für den Umgang mit unterschiedlichen Meinungen, Herangehensweisen und Perspektiven 

 

Die Methode und Haltung der Gewaltfreien Kommunikation, die die Basis meiner Arbeit ist, bietet eine Möglichkeit, diese emotionale Kompetenz zu erlangen. 


Welchen Weg hast du für dich gefunden? 


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